"Richtig" streiten

Veröffentlicht am 27. April 2025 um 14:32

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wann haben sie das letzte Mal so „richtig“ gestritten?
„Richtig“ streiten?
Ja, Sie haben richtig gelesen: „Richtig“ streiten.

Ein Streit kann durchaus konstruktiv und lösungsorientiert sein, uns zu neuen Sichtweisen verhelfen, unsere Entwicklung fördern und unseren Charakter stärken. Doch beim „richtigen“ Streit gibt es einiges zu beachten, um eine Eskalation zu verhindern und sowohl den Status und die Rechte als auch die Sichtweisen aller Parteien zu wahren. Denn weder Beleidigungen noch Beschuldigungen oder negative Kritiken führen zur (konstruktiven) Lösung eines Problems.

Während eines Streitgesprächs können Sie sich an die drei großen B’s halten: Behauptung, Begründung und ein Beispiel.

Eine Behauptung wie: „Es ist fürchterlich kalt hier!“ kann damit widerlegt werden, dass es nicht für alle gleich kalt ist. Dagegen kann eine „Ich-Behauptung“ wie: „Ich finde, hier ist es fürchterlich kalt!“ aufgrund der Subjektivität nicht widerlegt werden. Ein Wechsel vom allgemeinen auf den eigenen Standpunkt stellt damit den ersten Schritt für ein konstruktives Streitgespräch dar.

Auf einen persönlichen Angriff eine*r Kolleg*in wie: „In einer guten Erziehung sollte man gelernt haben, dass man die Dinge nach Benutzung wieder an ihren Platz zurücklegt!“ könnten Sie, statt mit einer Diskussion zu reagieren, fragen: „Möchten Sie jetzt über mich als Person oder über die liegengebliebene Zeitschrift auf dem Schreibtisch reden?“

Hieraus könnte sich folgende Begründung anschließen: „Aber gut, dass es Ihnen aufgefallen ist. Ich wollte den Bericht jedoch noch weiterlesen.“

Streitgespräche werden immer von Emotionen begleitet. Darum sollten Sie darauf achten, dass Ihnen keine fremden Gefühle aufgedrängt werden, und Sie bei sich bleiben. Durch den Impuls der Verteidigung und Rechtfertigung signalisieren Sie Ihrem Gegenüber zudem, dass dies*er Sie mit seinen*ihren Angriffen getroffen hat – womit diese*r zeitnah erneut angreifen wird.
Lassen Sie sich von Ihrem Gegenüber nicht vorschreiben, welche Waffen Sie benutzen.
Bleiben Sie stattdessen mit sich selbst verbunden und versuchen Sie, Ihre Gefühle, beispielsweise mittels bewusster Bauchatmung, unter Kontrolle zu behalten.

Achten Sie zudem auf Ihre Haltung und lassen Sie sich nicht „kleinmachen!“ Bei einer dominanten Haltung des Gegenübers, sind wir Menschen dazu geneigt, einzuknicken. Bleiben Sie stattdessen standhaft und achten Sie darauf, sich von der Lautstärke und dem Sprechtempo nicht anstecken zu lassen. Dadurch eskaliert das Gespräch nicht nur, sondern wird zudem immer lauter und damit emotionaler – womit der Rest an Verständigung auch noch verschwindet.

Versuchen Sie, sich von der Emotionsebene zu lösen und stattdessen auf die Sachebene zu wechseln. Hierbei kann Ihnen die Metakommunikation helfen, bei welcher verbalen Angriffen die Schärfe dadurch genommen wird, dass die Kommunikation über die Kommunikation zum Mittelpunkt des Gesprächs wird.

Auf die Bemerkung: „Sie sind ein unordentlicher Chaot!“ könnten Sie beispielsweise mit der „Ich-Behauptung“ auf reflexiver Ebene erwidern: „Ich höre, Sie sind verärgert.“ Damit signalisieren Sie Ihrem Gegenüber, dass Sie zugehört haben, und reflektieren zudem dessen Verhalten.

Sie haben auch die Möglichkeit, auf der Faktenebene beispielsweise so zu reagieren: „Sie schreien mich an!“, womit Ihrem Gegenüber (im Idealfall) sein Verhalten Ihnen gegenüber vor Augen geführt wird und Sie die Möglichkeit haben, nicht tiefer auf den Wortinhalt einzugehen. Hiermit können Sie das Gespräch in Ihre Richtung lenken und Ihr Gegenüber sogar mit auf die Sachebene nehmen (Win-Win-Lösung).

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