
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in diesem Artikel möchte ich Ihnen Möglichkeiten vorstellen, wie Sie Rhetorik und kommunikatives Geschick bei verärgerten Kund*innen anwenden können. Denn egal, ob zu hohe Preise oder weil im tagtäglichen Trubel etwas nicht so gelaufen ist, wie es laufen soll – viele von uns werden es früher oder später mit verärgerten Kund*innen zu tun bekommen.
Die erste menschliche Reaktion auf verbale Angriffe aufgebrachter Kund*innen ist der Gegenangriff, welcher in diesem Fall jedoch nur zu noch mehr Streit und Stress führt. Werden Sie sich bewusst, dass Stress nicht aufgrund der aufgebrachten Kund*innen entsteht, sondern Teil einer normalen Reaktion auf die Situation ist. Denn Sie stehen gleich vor mehreren Herausforderungen! Sie müssen das Problem des*der Kund*in erkennen, diese*n beruhigen und eine angemessene Lösung finden. Eine Möglichkeit ist, verbale Angriffe erst einmal in eine andere Richtung umzuleiten und diese nicht persönlich zu nehmen. Versuchen Sie, sich emotional abzugrenzen, indem Sie sich auf das Problem fokussieren. In keinem Fall sollten Sie dabei jedoch den Fehler begehen und dem*der Kund*in sagen, dass er*sie sich erst einmal beruhigen soll! Hiermit signalisieren Sie Ihrem Gegenüber, dass dieser gar kein Grund und Recht hat, sich aufzuregen. Das zusätzliche Problem, das dadurch entsteht, ist, dass Ihr Gegenüber nicht nur das Gefühl hat, kritisiert zu werden, sondern auch noch seine Position verteidigen muss.
Eine zusätzliche Verunsicherung stellt in dieser Situation der Konjunktiv dar. Mit Antworten wie „Ich könnte nachsehen, was da schiefgelaufen ist“ oder „Ich müsste die Kolleg*innen fragen, wie das passieren konnte“ bringen Sie nur noch mehr Verunsicherung in das sowieso schon angespannte Gespräch.
Es ist ein guter Lösungsansatz, eine*n Kolleg*in hinzuzuziehen; jedoch repräsentieren Sie in dieser Situation als erste*r Ansprechpartner*in das Unternehmen. Wenn der*die Kund*in von Ihnen keine Entschuldigung bekommt, wird er*sie diese möglicherweise von niemandem bekommen. Werden Sie sich darüber klar, dass Sie die Sichtweise von verärgerten Kund*innen nicht „auf die Schnelle“ verändern können. Denn auch wenn die Schuld nicht bei Ihnen liegt, ist das Einzige, das Sie durch Diskussionen auslösen werden, nur noch mehr Wut und Unverständnis.
Eine taktisch kluge, jedoch indirekte Entschuldigung könnte hier so aussehen: „Vielen Dank, dass Sie uns auf dieses Problem hingewiesen haben. Hierdurch können wir unseren Service verbessern, sodass solche Fehler zukünftig nicht mehr passieren werden.“
Versuchen Sie, Ihrem Gegenüber mitzuteilen, dass Sie das Problem gemeinsam lösen können.
Auch Fragetechniken sind ein geeignetes Mittel, durch das der*die Kund*in sich durch die Schilderung der Sachlage beruhigen lässt und sich zudem ernst genommen fühlt. Der häufig spontane Stimmungswechsel von Kund*innen beim Eingreifen ein*er Kolleg*in oder des*der Chef*in mit Fragen wie „Was ist passiert?“, „Habe ich Sie richtig verstanden?“ oder „Wie kann ich Ihnen helfen?“ beweist dies immer wieder eindrucksvoll.
Versetzen Sie sich in die Lage des Gegenübers (emphatisches Einfühlen mittels Aktivem Zuhören und Perspektivenwechsel) und versuchen Sie zu verstehen, wieso er*sie so aufgebracht ist.
Ein Verhalten zu verstehen, ist immer der erste Schritt, um mit Konflikten umzugehen. Zudem können Sie sich über den*die aufgebrachte*n Kund*in ärgern – aber dann sind diese trotzdem weiterhin noch verärgert.